Handwerkskammer Dortmund unterstützt jungen Schuhmacher beim Aufbau seines Geschäfts.

Automobil-DNA in jedem Schuh

In seinem Atelier stellt Yusuf Okcu nach Kundenwunsch ausgefallene Sneaker her.
In seinem Atelier stellt Yusuf Okcu nach Kundenwunsch ausgefallene Sneaker her. © Handwerkskammer Dortmund

Dortmund. Seit Anfang des Jahres begleitet Tobias Pütter, betriebswirtschaftlicher Berater bei der Handwerkskammer (HWK) Dortmund, als Gründungscoach Yusuf Okcu. Der 34-jährige Ingenieur hat Anfang des Jahres mit seinem Konzept die Jury des Gründerstipendiums NRW beeindruckt. Er stellt nach Kundenwunsch ausgefallene Sneaker her.

„Ich habe meine Leidenschaft für Sneaker zum Beruf gemacht. Um meine Selbstständigkeit auf den richtigen Weg zu bringen, habe ich mich Mitte vergangenen Jahres an die Gründungsberatung der Handwerkskammer gewandt. Dort machte mich Herr Pütter auf das Gründerstipendium aufmerksam“, so der Stipendiat. Yusuf Okcu ist kein gelernter Schuhmacher, dennoch mit diesem Handwerk in der Handwerksrolle der HWK Dortmund eingetragen. „Das Schuhmacherhandwerk gehört zum zulassungsfreien Gewerbe“, erklärt Tobias Pütter. Teil des Stipendiums sei, neben einer finanziellen Förderung von 1.000 Euro im Monat, die Begleitung durch den Gründungscoach.

Sportschuhe nach Kundenwünschen

Besucht man Yusuf Okcu in seinem Atelier, im Untergeschoss seines Wohnhauses in Unna, betritt man eine andere Welt. Der quadratischen Raum erzählt quasi die Geschichte des Stipendiaten. An der Wand hängen Fotos von Sportwagen, gleich drei Nähmaschinen warten auf Arbeit, bunte Garnrollen bilden an der Wand ein farbenfrohes Muster. Kleberflaschen, Stoffe, Leisten, Zangen und weiteres Schuhmacher-Zubehör verraten schnell, welchen Beruf Okcu ausübt. „Ich mag es, etwas mit meinen Händen zu erschaffen. Als Schuhmacher entwerfe und stelle ich ausgefallene Sportschuhe nach Kundenwünschen her. Ein Schuh besteht aus rund 50 Komponenten, da gibt es viele Design-Möglichkeiten“, sagt er lächelnd. Dafür kauft er gewöhnliche Sportschuhe, nimmt sie auseinander, nutzt deren und weitere Materialien, um sie individuell zusammenzusetzen.

„Ich bin leidenschaftlicher Sneakersammler und begeisterter Automobilfan“, sagt Okcu. Der Ingenieur hat nach seinem Studium zunächst einige Jahre in der technischen Redaktion und im Projektmanagement gearbeitet. Nebenher ging er seiner Leidenschaft nach, dem Sneaker Customizing. Das heißt, er hat Sportschuhe gestalterisch so angepasst, dass daraus individuelle und besondere Sneaker wurden. Bereits zu diesem Zeitpunkt erfolgte der Vertrieb über Instagram. Nach einem Jobwechsel wurde er mit seiner beruflichen Situation immer unzufriedener und investierte zunehmend Zeit darin, mehr über das Schuhmacherhandwerk zu lernen. Unter anderem besuchte er im Juli 2021 in New York die Sneaker School von Dominic Ciambrone, auch bekannt als „The shoe surgeon“, eines US-amerikanischen Designers und Maßschuhschneiders, um den kompletten Prozess der Schuhherstellung zu erlernen.

Nach seiner Rückkehr wurde Okcu klar, dass er zukünftig damit sein Geld verdienen möchte, kündigte seinen festen Job und meldete bei der Arbeitsagentur seine Existenzgründung an. Nach und nach entwickelte er Ideen, wie er weitermachen wollte und welche Kooperationen er eingehen könnte. Über einen Kunden entstand der Kontakt zu JP Performance. Inhaber von JP Performance ist der deutscher Moderator, Unternehmer und Webvideoproduzent Jean Pierre Kraemer. Er betreibt unter anderem in Dortmund eine Kfz-Autotuning-Werkstatt und einen YouTube-Kanal im Automobilsektor.

Fast 19.000 Follower auf Instagram

„Für JP habe ich Ende vergangenen Jahres Sneaker mit Porsche-DNA nach seinen Vorstellungen hergestellt. Sie kamen so gut bei ihm an, dass er sie auf Social Media postete. Das brachte mir wiederum rund 500 neue Follower auf meinem Kanal“, so der Jungunternehmer. Mittlerweile haben fast 19.000 Follower seinen Instagram-Kanal abonniert.

Ein weiterer Kunde stammt ebenfalls aus der Automobilbranche. Dieser ist im Bereich der Sattlerei und Automobilveredelung vorwiegend für einen deutschen Sportwagenhersteller tätig. Von ihm kauft Yusuf Okcu Material, wie Stoffe und Leder, zur Wiederverwertung. „Die Automobil-DNA in diesen Materialien bildet die charakteristische Eigenschaft meiner Sneaker“, sagt er. Passend zur Innenausstattung und zu den Polstern der Automobile kreiert der Schuhmacher die entsprechenden Sneaker aus den gleichen Stoffen und Leder. Die Herstellung eines Schuhs dauert etwa acht bis zehn Stunden. „Mir ist bewusst, dass ich mit der Vereinigung von Sportwagen und Sneakern eine spezielle Zielgruppe anspreche. Aber das positive Feedback meiner Kunden bestärkt mich in meinem Vorhaben“, so Okcu. Ein Paar der selbstgemachten Schuhe von Kid River, so sein Künstlername, kostet je nach Material und Aufwand zwischen 1.200 und 3.500 Euro.

Ziel: Eigenes Studio in Dortmund

Zukünftig möchte er seinen Online-Vertrieb und die Kontakte in der Automobilbranche weiter ausbauen. Im Februar fand in einem Dortmunder Autohaus ein Foto-Shooting statt. Dabei wurden einige seiner Sneaker zusammen mit den Sportwagen abgelichtet. „Die Fotos möchte ich für meine Website und Instagram nutzen“, plant der ehrgeizige Vater von zwei Kindern.

Sein Traum ist es, bis zum Ende des Jahres ein Studio in Dortmund zu errichten und ab 2024 auch auszubilden. Die Ausbildereignungsprüfung hat er bereits abgelegt. Da Yusuf Okcu jedoch kein gelernter Schuhmacher ist, sondern Ingenieur, überprüft die Handwerkskammer im Moment die Ausbildereignung. „Ich finde das Konzept von Yusuf Okcu sehr stimmig und freue mich, ihn weiter auf seinem Weg zu begleiten“, fasst HWK-Berater Tobias Pütter zusammen.

Im HWK-Podcast erzählt Yusuf, was an seinen Sneakern so besonders ist und wer schon solche besitzt.

Hömma, Handwerk!

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Betriebswirtschaftliche Beratung der HWK Dortmund
Tobias Pütter
Gründungsort: Dortmund, Kreis Unna

Dr. Daniela Putsch
Gründungsort: Herne, Bochum, Ennepe-Ruhr-Kreis, Hagen

Ralf Dreisewerd
Gründungsort: Hamm, Kreis Soest, Dortmund