Gestörte Lieferketten und enorme Kostensteigerungen bei Rohstoffen und Energie bringen viele Handwerksbetriebe derzeit in existenzbedrohende Schwierigkeiten. Die meisten Unternehmer*innen können diese Mehrbelastung nicht an ihre Kund*innen weitergeben, wodurch bestehende Aufträge unwirtschaftlich werden und die Gefahr von Insolvenzen zunimmt.
„Um das Handwerk vor Ort als Rückgrat der deutschen Wirtschaft zu erhalten, braucht es jetzt direkte Hilfen“, sagt HWK-Präsident Berthold Schröder.
Die Erweiterung des Energiekostendämpfungsprogramms sei bereits ein wichtiger Schritt, den das Handwerk nachdrücklich gefordert habe. „Doch nun kommt es auf eine schnelle Umsetzung an. Zeitverzögerte Maßnahmen reichen nicht mehr aus. Die Betriebe brauchen schnelle Hilfen, zu denen sie möglichst unbürokratisch Zugang erhalten können.“
Wie stark die hohen Preise für Energie und Rohstoffe ihr Unternehmen belasten, berichten im Folgenden drei Unternehmer*innen aus dem Kammerbezirk Dortmund.
Bauunternehmen Hugo Schneider GmbH, Hamm (Straßen-, Hoch- und Tiefbau), Carsten Nierhaus, Technischer Leiter und Prokurist: „Seit Anbeginn des Krieges im Februar dieses Jahres sind unsere Einkaufspreise stark gestiegen. Besonders bei erdölbasierenden Baumaterialien sind die Preise explodiert. Dies hat zu massiven Preisproblemen bei bestehenden Aufträgen geführt. Unserer Einschätzung nach wird das Problem der Materialknappheit über den Winter allerdings deutlich spürbarer werden, da es zu Stillständen durch nicht lieferbares Material kommen wird.“
Stadtbäckerei Kamp GmbH, Hagen, Stefanie Kamp, Inhaberin: „Für uns als inhabergeführter, in unserer Heimatstadt sehr verorteter Familienbetrieb ist die Situation momentan sehr schwierig, da wir uns sowohl unserer Kundschaft, als auch unseren Mitarbeiter*innen und Lieferanten gegenüber verpflichtet fühlen. Zur langfristigen Existenzsicherung unseres Unternehmens müssten wir die Verkaufspreise der meisten Backwaren sehr stark erhöhen. Dies können wir aber unseren Kund*innen in unserer recht einkommensschwachen Gegend auf keinen Fall zumuten.
Jedoch machen uns nicht nur durch die explodierten, völlig unkalkulierbaren Rohstoffpreise den Alltag schwer. Eine Verdoppelung der Energiekosten, von der wir mindestens ausgehen, ist besorgniserregend, bei all unseren Kühl- und Backflächen, Öfen, beheizten Fachgeschäften und Cafés, Spülmaschinen und beleuchteten Schaufenstern. Da wird auch die geplante Photovoltaik auf unserem gerade im Bau befindlichen Backhausanbau nicht viel helfen können. Zudem treffen uns auch die gestiegenen Tankkosten hart, da wir unsere Fachgeschäfte drei Mal täglich frisch beliefern. Auch die Anhebung des Mindestlohns für unsere Mini-Jobber*innen und die damit verbundenen Lohnerhöhungen beim Stammpersonal treiben unsere Kosten zusätzlich nach oben, vom Verwaltungsaufwand solcher Bürokratie-Ungetüme wie der Auszahlung der Energiepauschale ganz zu schweigen. Wir hoffen, mit besonnenem, zugewandten Handeln durch den Winter zu kommen. Für uns gilt ‚Brot ist Leben‘!“
Gaedigk Feinmechanik & Systemtechnik GmbH, Bochum, Heinz Jürgen Gaedigk, Geschäftsführer: „Wir sind als dienstleistungsorientierter Systemlieferant für die Bereiche Konstruktion und Fertigung überregional tätig. Im Sondermaschinenbau haben wir in den langfristig verhandelten Aufträgen keine Möglichkeit Preissteigerungen weiterzugeben. Dort machen sich besonders die gestiegenen Kosten für Sensorik und Pneumatik sowie Transportkosten bemerkbar. Dabei werden in der Komponenten-Fertigung von CNC Bauteilen Energie- und Rohstoffzuschläge von den Kunden akzeptiert. Aber unabhängig von den Kosten kämpfen wir mit den langen und auch unkalkulierbaren Lieferzeiten für Material. Dadurch sind unsere Lieferzusagen und die davon abhängigen Zahlungseingänge der Kunden zunehmend unsicherer.“