Sattlermeisterin Farina Fuest hat ihr Hobby zum Beruf gemacht

„Ich möchte Pferde und Menschen glücklich machen“

In der Sattlerwerkstatt in Hamm passt Sattlermeisterin Farina Fuest Sättel nach den Bedürfnissen von Mensch und Tier an.
In der Sattlerwerkstatt in Hamm passt Sattlermeisterin Farina Fuest Sättel nach den Bedürfnissen von Mensch und Tier an. © Handwerkskammer Dortmund

Mit einer langsamen Bewegung streckt Farina Fuest ihrer Schimmelstute Amelia den dunkelbraunen Ledersattel entgegen und lässt sie daran riechen. Die Sattlermeisterin aus Hamm hat vor, ihr Meisterstück für ihr dreijähriges Pferd, das demnächst eingeritten werden soll, anzupassen. Mit einem leisen Schnaufen scheint Amelia einzuwilligen, dass ihr der Sattel auf den Rücken gelegt wird. Farina Fuest holt noch schnell den passenden, gepolsterten Bauchgurt aus ihrer Werkstatt, legt ihn um den Bauch des Pferdes und wirft einen prüfenden Blick auf Sattel und Gurt. „Sieht schon gar nicht schlecht aus.“

Langjährige Erfahrung als Reiterin und Pferdebesitzerin

Als Sattlerin müsse man einiges über die Anatomie von Pferden wissen. „Als Reiterin und Pferdebesitzerin bringe ich langjährige Erfahrungen mit. Es ist schon manchmal eine Herausforderung herauszufinden, wo die Probleme genau liegen. Ich möchte schließlich Pferde und Menschen glücklich machen.“

Pferd satteln, Bauchgurt anlegen, nachgurten, prüfen, ob alles richtig sitzt. Farina Fuest ist erst zufrieden, wenn es Pferd und Reiter auch sind.
Pferd satteln, Bauchgurt anlegen, nachgurten, prüfen, ob alles richtig sitzt. Farina Fuest ist erst zufrieden, wenn es Pferd und Reiter auch sind.© Handwerkskammer Dortmund

Die 30-jährige Sattlermeisterin reitet schon seit ihrem elften Lebensjahr. Durch ihr Hobby hatte sie bereits früh Kontakt zu Sattlern: „Als ich in der siebten oder achten Klasse war, musste ich mir so langsam überlegen, was ich mal beruflich machen möchte. Mein Vater hat mich gefragt, ob der Beruf des Sattlers nicht was für mich sei. 2008 habe ich meine dreijährige Ausbildung zur Reitsportsattlerin begonnen und sie 2011 als Kammersiegerin im Bezirk Münster abgeschlossen.“ Noch vor ihrem Meisterkurs beschloss sie, sich selbstständig zu machen; im Oktober 2017 hat sie ein Gewerbe angemeldet. Im Januar 2018 startete sie den Meisterkurs und schloss ihn im gleichen Jahr als Meisterin im Sattler- und Feintäschnerhandwerk erfolgreich ab.

Geprüfte Betriebswirtin nach der Handwerksordnung

„Nach meiner Meisterprüfung habe ich gemerkt, dass mir für die Selbstständigkeit noch Wissen fehlte. Daher habe ich 2019 noch die Fortbildung zur geprüften Betriebswirtin nach der Handwerksordnung angeschlossen.“ Als Sattlerin kauft sie Sättel ein und optimiert sie für ihre Kunden. „Selbstverständlich könnte ich Sättel selbst herstellen, das habe ich ja auch für die Meisterprüfung unter Beweis gestellt. Aber der Arbeitsaufwand ist zu groß. Es vergehen Monate, teils Jahre, bis man fertig ist.“ Fuest bietet von der Kaufberatung über Reparatur- und Ausbesserungsarbeiten am Sattel bis zu kleineren Reparaturarbeiten an Stiefeln alles an.

„Für den Beruf als Sattler*in sollte man neben handwerklichem Geschick auch selbst reiten, Arbeit sehen und kein Problem damit haben, sich auch mal die Hände schmutzig zu machen. In unserem Beruf wird tatsächlich noch sehr viel von Hand gemacht. Zum Beispiel hält die Naht, die wir von Hand nähen, sehr viel besser als die, die wir mit der Nähmaschine nähen“, so Fuest. Zu den typischen Werkzeugen eines/r Sattlers/Sattlerin gehört zum Beispiel der Polsterstab, um den Sattel mit Wolle auszustopfen oder das Halbmondmesser, um Leder zu schneiden.

Am Nähross wird das Leder eingespannt und Nähte mit der Hand genäht
Handarbeit pur: Am Nähross wird das Leder eingespannt und Nähte mit der Hand genäht. Diese halten in der Regel sehr viel besser als die, die mit der Nähmaschine genäht wurden.© Handwerkskammer Dortmund

„Montags ist unser Werkstatttag, da kümmern wir uns um alle Reparaturen und Änderungen. An den anderen Tagen sind wir zunächst ein bis zwei Stunden im Betrieb. Von etwa 13 Uhr an bis abends sind wir dann mit unserer rollenden Werkstatt unterwegs und fahren zu den Kunden, zu denen in erster Linie Freizeit- und Amateurreiter gehören“, so Farina Fuest. Ihr Transporter ist mit Sättel und Zubehör, aber auch mit einer Werkbank und allem notwendigen Werkzeug ausgestattet.

Lange Arbeitszeit, wenig Zeit für Privates

Derzeit bildet sie zwei Auszubildende aus, eine im ersten und eine im zweiten Lehrjahr. Eine Aushilfe unterstützt die vielbeschäftigte Sattlermeisterin im Büro und bei der Terminvergabe. „Die Arbeitstage in unserem Beruf sind schon ziemlich lang. Da bleibt wenig Zeit für Privates. Gut, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe“, sagt sie schmunzelnd. „In der Reitsportbranche gibt es immer mehr Sattlerinnen, da hat sich einiges getan. In der Regel sind es junge, reitende Mädels aus den Vereinen, die sich für diesen Beruf entscheiden. Sattlerin ist durchaus ein Nischenberuf, aber wir können uns über einen Mangel an Nachwuchs nicht beklagen.“

In ihrem Transporter findet Farina Fuest alle notwendigen Werkzeuge für die Reparatur und Anpassung direkt vor Ort bei ihren Kunden
In ihrem Transporter findet Farina Fuest alle notwendigen Werkzeuge für die Reparatur und Anpassung direkt vor Ort bei ihren Kunden.© Handwerkskammer Dortmund

Es gäbe einige Frauen, so die Sattlermeisterin, die in diesem Berufszweig sehr erfolgreich sind, auch Mütter mit Kindern. Man sollte aber bedenken, dass man sich als schwangere Selbstständige darum kümmern müsse, dass der Betrieb weiterläuft. Sie empfehle, sich in dieser Situation mit einem finanziellen Polster abzusichern. Farina Fuest ist Mitglied im Bundesverband Fahrzeugausstattung und Reitsportausrüstung e.V. und tauscht in einem deutschlandweiten Netzwerks von Sattler*innen ihre Erfahrungen aus. Sie wünscht sich, dass eine Auszubildende als Gesellin bei ihr bleibt und zukünftige Lehrlinge mit ausbildet. Werbung für eine Ausbildung in ihrem Meisterbetrieb brauche sie nicht zu machen, sie bekäme genug Bewerbungen. Sie rät jungen Menschen, vor der Berufswahl Betriebspraktika zu machen, sich den Betrieb anzuschauen und zu prüfen, ob man sich gut versteht und ins Team passt. „Man wird nur glücklich, wenn man einen Job macht, der einem Spaß macht.“