Das Handwerk in der Region Ruhr hat sich stabilisiert und zeigt sich trotz eines nach wie vor angespannten gesamtwirtschaftlichen Umfelds robust. Das ist die zentrale Botschaft der aktuellen Konjunkturumfrage der drei Ruhr-Handwerkskammern Dortmund, Düsseldorf und Münster. Der Geschäftsklimaindex steigt im Vergleich zum Herbst des Vorjahres um 23 Punkte und liegt nun bei einem Wert von 118. 87 Prozent aller Betriebe bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend.
Einen deutlichen Erholungseffekt gab es vor allem bei den Erwartungen an die Entwicklung der nächsten sechs Monate. Während im Herbst 2022 noch eine große Mehrheit von einer Verschlechterung der Geschäftslage ausging, ist der Ausblick nun wieder vorsichtig optimistisch. „Die vor dem Eindruck der Energiekrise extrem negativen Erwartungen der Betriebe aus dem letzten Herbst sind bisher nicht eingetreten“, berichtete der Präsident der Handwerkskammer (HWK) Dortmund Berthold Schröder. „Die staatlichen Entlastungsmaßnahmen sowie die schrittweise Entspannung bei Lieferengpässen und Preisdynamik haben zu einer Stabilisierung der Handwerkskonjunktur geführt.“
Die harten Konjunkturindikatoren Umsatz und Auftragslage werden hingegen derzeit noch negativ bewertet. 31 Prozent der Betriebe berichten von Umsatzrückgängen im letzten halben Jahr, 23 Prozent konnten ihren Umsatz steigern. „Obwohl sich die Erwartungen der Betriebe deutlich verbessert haben, ist es noch zu früh für eine Entwarnung“, erklärte Schröder. „Mit der hohen Inflation und den steigenden Bauzinsen bleiben zwei zentrale konjunkturelle Risikofaktoren bestehen.“
Insbesondere das Bauhauptgewerbe blickt wegen der massiv gestiegenen Finanzierungskosten in eine ungewisse Zukunft. Zwar haben die Betriebe derzeit noch volle Auftragsbücher, aber die künftige Nachfrage dürfte durch den Einbruch beim Wohnungsneubau stark zurückgehen. Im Lebensmittelhandwerk und bei den personenbezogenen Dienstleistungen hat sich die Einschätzung im Vergleich zum Herbst deutlich aufgehellt – insgesamt bleibt die Lage aber vor allem aufgrund der inflationsbedingten Kundenzurückhaltung weiter angespannt.
Gleiches gilt für die Beschäftigungssituation im Ruhr-Handwerk. Trotz großer Bemühungen um Nachwuchskräfte ist die Beschäftigung insgesamt rückläufig. „Mit Blick auf die entscheidende Rolle des Handwerks bei der Umsetzung der großen Transformationsziele brauchen wir dringend mehr Fachkräfte in unseren Betrieben. Es kann nicht sein, dass die Zahl junger Menschen ohne Berufsabschluss laut aktuellem Berufsbildungsbericht weiter wächst, während im Ruhrgebiet tausende dual-ausgebildete Fachkräfte fehlen. Hier muss die Bildungspolitik dringend nachsteuern“, so Schröder.
Außerdem müssten mittelstandsfreundliche Standortbedingungen in der Region Ruhr nun wieder in den Fokus rücken, mahnte der Kammer-Präsident. „Nach drei Jahren im Krisenmodus brauchen wir jetzt eine systematische Stärkung des Wirtschaftsstandorts Ruhrgebiet. Dazu gehören neben den Themen Verkehr und Gewerbesteuern auf kommunaler Ebene auch eine zügige Umsetzung der Fachkräftestrategie des Landes Nordrhein-Westfalen. Was wir hingegen nicht brauchen, sind teure Subventionen für Großunternehmen, wie einen Industriestrompreis, bei dem das Handwerk mal wieder auf der Strecke bleibt.“ In einer hochverdichteten Metropole wie der Region Ruhr ist zudem die Sicherung und Bereitstellung von Gewerbeflächen von zentraler Bedeutung. „Wir erwarten, dass der Regionalplan Ruhr nach mehr als zehn Jahren Bearbeitungszeit in diesem Jahr nun endlich Rechtskraft erlangt und den Rahmen für eine mittelstandsorientierte Flächenpolitik bildet“, erklärte Kammer-Präsident Schröder.
Handwerk Region Ruhr
Die Handwerksorganisationen in der Region Ruhr – die drei Handwerkskammern Dortmund, Düsseldorf und Münster sowie zehn Kreishandwerkerschaften – haben sich 2018 in der Arbeitsgemeinschaft „Handwerk Region Ruhr“ zusammengefunden, um ihre politischen Positionen gemeinsam und auf regionaler Ebene zu vertreten. Das Handwerk in der Region stellt mit seinen 45.000 Betrieben, rund 300.000 Erwerbstätigen und den 20.000 Auszubildenden seine Zukunftsfähigkeit kraftvoll unter Beweis.